Zum Tagesordnungspunkt: Steuerbetrug bekämpfen, Steuergerechtigkeit herstellen, Finanzämter stärken - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/1406 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/1647 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 15/1630

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Möllring hat hier zwei Punkte angesprochen, die aufgrund des Übergangs der Zuständigkeit von mir auf ihn eine Rolle spielen. Ich möchte sie an dieser Stelle noch einmal kurz aufgreifen. Zum einen geht es dabei um die Bankenfälle, Herr Möllring. Ich glaube, wir beide können sagen: Das Ergebnis in Niedersachsen kann sich sehen lassen, vor allem im Vergleich zu den übrigen 15 Bundesländern.

Entscheidend aber ist: Niedersachsen liegt gemessen an der Finanz- und Steuerstärke im Vergleich zu anderen Bundesländern ganz vorn. Wenn Sie das so bestätigen, bleibt die Frage: Warum liegen andere finanz- und steuerstarke Bundesländer im Hinblick auf die Aufklärung einer gemeinsam verabredeten Problematik bei den Bankenfällen hinter uns? Denn Eines ist klar: Jeden Euro, den wir im Verhältnis mehr eingenommen haben, führen wir zu 90 % an die anderen Bundesländer ab, die offensichtlich zurückhaltender gewesen sind. Ich habe erwartet, dass dieses Problem aufgegriffen wird, weil es von mir in der Übergangsphase thematisiert worden ist. Es kann nicht sein, dass ein Thema, das gleichermaßen für wichtig erachtet worden ist und das bundesweit - so verabredet - mit gleichen Mitteln und mit Erfolg bekämpft werden soll, in den einzelnen Bundesländern letztendlich aber zu völlig unterschiedliche Ergebnisse führt. Ich wäre dankbar, wenn Sie diese Frage noch einmal aufgreifen und dem Ausschuss für Haushalt und Finanzen berichten würden, warum das nicht stattgefunden hat.

Zu Ihrem zweiten Punkt, zur Task Force. Das ist möglicherweise doch ein Hinweis darauf, Herr Möllring, dass man Kräfte bündeln muss, wenn ein Problem im Raum steht, das eine fachspezifische Gruppe innerhalb der Steuerverwaltung allein nicht lösen kann. Wir haben es in Niedersachsen gemacht. Offensichtlich mit großem Erfolg, insbesondere bei der Prävention, weil die Wirkung einer solchen Task Force, wenn sie erfolgreich arbeitet, natürlich unübersehbar ist. Gleiches gilt für die Aufklärung. Das ist etwas, was man mit Blick auf den Antrag der Grünen schlechthin nicht zurückweisen kann. Dort, wo unterschiedliche Formen der Administration von Steuerrecht stattfinden, muss um eines gleichmäßigen Ergebnisses willen und im Interesse des Erfolges sichergestellt sein, dass ein hohes Maß an Übereinstimmung besteht; denn sonst gibt es Ausweichtendenzen. Die Betroffenen weichen aus in diejenigen Bundesländer, in denen mit weniger Effizienz gearbeitet wird. In diesem Sinne bin ich dafür, dass wir das Ergebnis der Anhörung zum Umsatzsteuerbetrug ernst nehmen.

Ich glaube, im Grundsatz gibt es zwischen den Fraktionen hier im Landtag keine Meinungsunterschiede darüber, dass wir Steuergerechtigkeit haben und den Steuerbetrug massiv bekämpfen wollen. Wenn es um die Details geht, wird es schon komplizierter. Wie schwierig es ist, bundeseinheitlich ein erkanntes Problem zu einer vernünftigen Lösung zu bringen, erkennt man daran, dass wir erstens das übergeordnete Thema der Steuerrechtsvereinfachung trotz allen guten Willens nicht hinkriegen und zweitens bei der IT-Plattform Fiskus nach erheblichen Geburtswehen nicht besonders schnell vorankommen. Das sind Dinge, die wir eigentlich, wenn sie im föderalen System nicht funktionieren, um des Ergebnisses willen, nämlich Steuergerechtigkeit und Fairness in der Steuerverwaltung durchzusetzen, gemeinsam anpacken müssen.

Dabei bieten sich eine Zusammenarbeit und eine verstärkte Koordinierung über die Bundesebene an. Anderes geht es nicht; das hat die Vergangenheit gezeigt. Das gilt natürlich insbesondere, wenn wir uns über Steuerausfälle von rund 20 Milliarden Euro auseinander setzen.

(Bernd Althusmann [CDU]: Was denn? Brutto?)

Wenn die Summe in dieser Größenordnung um 1 oder 2 Milliarden Euro differiert, dann ist das nicht der Punkt. Aber 20 Milliarden Euro von 138 Milliarden Euro, die wir einnehmen, sind ein Hinweis darauf, dass Handlungsbedarf besteht, dem zügig Rechnung getragen werden muss. Die SPD-Fraktion hat nach den Anhörungen, die dazu auf Bundesebene stattgefunden haben, ein Drei-Punkte-Programm aufgelegt und will dann auch in dieser Schrittfolge vorangehen. Ich stimme mit Ihnen überein: Einiges, was geregelt werden muss und sehr schnell geregelt werden kann, ist nicht steuerrechtlicher Art, sondern gehört schlicht und einfach zum Strafrecht und Strafprozessrecht.

Es kann einfach nicht sein, dass Steuerbetrügereien, Steuerhinterziehung weiterhin als Bagatelldelikte oder Kavaliersdelikte behandelt werden. Der Schaden, der gesamtgesellschaftlich, betriebswirtschaftlich, aber auch bei Privatpersonen eintritt, ist so groß, dass schwere Kriminalität - ja: Organisierte Kriminalität - nicht zu übersehen ist. An dieser Stelle muss angesetzt werden. Das ist nun einmal eine Aufgabe, die bundesweit erledigt werden muss. Ich würde mir wünschen, dass uns die Niedersächsische Landesregierung dabei unterstützen würde, die entsprechenden Gesetzesänderungen sehr schnell herbeizuführen.

Ferner brauchen wir - ich unterstütze das, was Herr Wenzel gesagt hat - mehr Koordination, mehr Durchschaubarkeit der Netzwerke innerhalb der Steuerverwaltung. Das Finanzverwaltungsgesetz ist das eine; aber wir brauchen Schwerpunktstaatsanwaltschaften, um Netzwerke aufzubauen und um der Organisierten Kriminalität bei Steuerhinterziehungen entgegentreten zu können.

Letztlich - das wird mittelfristig unvermeidbar sein - muss wahrscheinlich ein Systemwechsel bei der Umsatzsteuer angestrebt werden. Das ist kompliziert. Das werden wir in Deutschland alleine nicht organisieren können. Deshalb ist das auf der mittelfristigen Zeitschiene eine Aufgabe, die von den Ländern unter Mitwirkung und Federführung des Bundes vorangetrieben werden muss. Diese europäische Lösung muss insbesondere im Bereich den Karussellgeschäften einen Riegel vorschieben.

Fasst man das zusammen, dann ist unser Änderungsantrag, den wir nachgereicht haben, die schlüssige Konsequenz aus dem, was die Grünen vorgelegt haben. Wir konnten uns auf keinen gemeinsamen Antrag einigen; das liegt in der Natur der Sache. Aber vom Abstimmungsverfahren her ist, meine ich, klar: Wer hier einige Dinge gemeinsam voranbringen will, der muss dem Antrag der SPD-Fraktion zustimmen, weil er realitätsnah ist, weil er die Schrittfolgen deutlich kenntlich macht, die einzuhalten sind, und im Ergebnis dazu führt, dass wir durch Bekämpfung des Steuerbetruges mehr Steuergerechtigkeit erreichen.

Beides zusammen ist sinnvoll, weil es die Steuern in die Kassen des Bundes, der Länder und der Kommunen bringt, die dem Staat zustehen. Bisweilen brauchten wir über Steuererhöhung nicht zu reden, weil wir die Steuern in die Kassen bekommen könnten, die dem Staat legal zustehen. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD)