Zum Tagesordnungspunkt: Keine Zerschlagung der Fachhochschule für Rechtspfleger und Verwaltung - Ausbildung von Steuerbeamten auf akademischem Niveau erhalten - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 15/2938 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 15/3027

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Vortrag des Ministers hat deutlich gemacht, dass aufgrund der verengten Sichtweise aus dem Blickwinkel des Finanzministeriums schon nicht mehr erkannt wird, was in Niedersachsen los ist. Ich verweise jetzt auf das Niedersachsen Magazin des Beamtenbundes, das das Thema mit den Worten umschreibt: Fachhochschule - das war einmal.

Ich komme gleich noch einmal auf das zurück, was dort an inhaltlicher Kritik zu lesen ist. Das Polizeiextrablatt aus diesem Monat macht deutlich, dass im Bereich des Innenministers für die Polizei mit ganz anderen Maßstäben und mit einer ganz anderen Begründung darauf hingewiesen wird, dass sich die Ausbildungsgänge von Polizeibeamten deutlich von denen für Steuerbeamte unterscheiden müsse, wobei das Ziel sei, sie sogar mit dem akademischen Grad des Bachelors auszustatten. All dies geschieht innerhalb einer Regierung, innerhalb eines Landes, innerhalb einer Beamtenschaft, also innerhalb von niedersächsischen Beschäftigten. Ich halte das für kurzsichtig und falsch. Deshalb muss der Versuch, per Gesetz eine Akademie zu gründen, aufgegeben werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben die Föderalismusdebatte hinter uns. In dieser Debatte ist auch so etwas wie Wettbewerb ein Thema gewesen. Ich verstehe nicht, warum nicht eine Lösung erreicht wird, die von den Beschäftigten mitgetragen wird. Ich verstehe auch nicht, warum eine Landesregierung, die extra einen Staatssekretär für Staatsmodernisierung hat, nicht über die Landesgrenze hinaus schaut. Wenn man Letzteres täte, würde ganz deutlich, dass es in der Bundesrepublik ganz unterschiedliche Varianten im Bereich der Ausbildung von Steuer- und Finanzbeamten gibt. Trotz eines Beschlusses der Finanzministerkonferenz, doch einheitlich vorzugehen, macht jeder, was er will. Das zeigt auch, dass der niedersächsische Finanzminister nicht in der Lage ist, den gemeinsam gefassten Beschluss nach innen und nach außen durchzusetzen.

Ich halte es für falsch, hier zu behaupten, der Abschluss werde sozusagen im Umfeld dessen bewertet, was der jeweilige Beschäftigte tut. Wenn in Baden-Württemberg versucht wird, den Bachelor für Steuerbeamte einzuführen - dies wird im nächsten Jahr kommen -, dann ist das ein deutliches Signal, dass ein Bundesland offensichtlich sehr wohl begriffen hat, dass eine akademische Abschlussregelung auch für die Qualität der Beschäftigten im eigenen Land wichtig ist. Wenn in Nordrhein-Westfalen seit einiger Zeit nicht mehr im mittleren Dienst, sondern nur noch im gehobenen Dienst ausgebildet wird, so ist das ein Zeichen dafür, dass es Bewegung im gesamten Ausbildungsbereich gibt. Herr Minister, ich bin deshalb sehr dafür, dass Sie von Ihrem sehr dreisten und sehr schnellen Versuch Abstand nehmen, eine Regelung mit der Begründung herbeizuzaubern, das bisherige Verfahren passe nicht in die niedersächsische Hochschullandschaft.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind fest davon überzeugt, dass bei einigem guten Willen das, was bisher an Fachhochschule vorhanden ist, verändert und zeitgemäßer gestaltet werden kann, ohne dass man einen Wasserkopf in der Verwaltung produziert und dass man gleichwohl hervorragende Ausbildungsergebnisse zustande bringen kann. Wenn sich die Kommunen entschieden haben, die Ausbildung selbst in die Hand zu nehmen, dann doch nicht, weil sie das unbedingt wollten.

(Zuruf von der CDU: Doch!)

- Herr Kollege, erst hat sich das Land so weit zurückgezogen, dass es fast keine Ausbildungsplätze mehr belegt. Was bleibt denen dann anderes übrig, als zu sagen: Da machen wir es lieber selbst, bevor der Schünemann bei uns dazwischen herumwurstelt, wenn es um die Ausbildung der jungen Nachwuchskräfte geht? - Das ist der eine Teil, der ist erledigt. Der zweite Teil, Herr Innenminister, betrifft die Frage - Sie sind für alle Beamten zuständig, Sie sind ja sozusagen der Beamtenminister der Regierung -, ob Sie es zulassen, dass gespaltene Beschäftigungssituationen bei Steuerbeamten, die in den Finanzämtern - in den jeweiligen, zuständigen OFDs - einen hervorragenden Job machen, und der Polizei auftreten; die Steuerbeamten werden von der Entwicklung bei der Polizei abgetrennt.

Das sieht niemand ein, die Beamtinnen und Beamten sowieso nicht, weil sie sich qualitativ für vergleichbar halten. Nehmen Sie deshalb diesen Gesetzentwurf zurück, und nehmen Sie gemeinsam mit uns einen weiteren Anlauf. Ein weiterer Aspekt, den ich nicht verstehe, ist, dass wir zu Beginn dieser Legislaturperiode gehört haben, dass Herr Meyerding als Sonderstaatssekretär die Aufgabe habe, dort länderübergreifende Strategien zu entwickeln, wo sie sinnvoll sind. Gerade bei dieser Frage - bei Ausbildungskapazitäten, Herr Möllring, Sie haben selbst von 50 Personen in beiden Laufbahnen gesprochen - wäre es angebracht gewesen zu fragen: Warum machen wir keinen Nordverbund im Ausbildungsbereich? Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg arbeiten dabei zusammen, und wir kriegen es nicht einmal hin, diese Nordstaaten so zu bündeln, dass eine vernünftige Auszubildungskapazität für die erkennbar notwendigen Nachwuchskräfte vorgehalten wird. Das ist versäumt worden. Ich finde, an der Stelle wäre es sinnvoll gewesen, nicht zu sagen: Wir machen jetzt ein niedersächsisches Modell, und die anderen werden sich freuen, auf diesen fahrenden Zug aufzuspringen. - Vielmehr wäre es sinnvoll gewesen, mit Nachdruck darauf hinzuarbeiten, dass sich die übrigen Finanzminister in eine gemeinsame Diskussion eingeklinkt hätten.

Fasst man das zusammen, meine Damen und Herren, dann muss man erstens sagen, dass die Finanzministerkonferenz zwar etwas beschlossen hat, sich aber offensichtlich niemand daran hält. Diejenigen, die es sich leisten können und die klug sind - wie Bayern -, die bauen die verwaltungsinterne Ausbildung sogar noch aus. Nordrhein-Westfalen schafft offensichtlich schleichend die mittlere Laufbahn ab, und Baden-Württemberg führt den Bachelor ein. Niedersachsen dequalifiziert die Kolleginnen und Kollegen mit einer Akademie, deren Abschluss eben nicht mit dem vergleichbar ist, was andere Bundesländer produzieren. Damit sind Flexibilität, Mobilität und der Gleichheitsanspruch in der Qualität unterlaufen - da können Sie hier erzählen, was Sie wollen. Deshalb ist dieser Versuch, über ein Akademiegesetz neues Recht zu schaffen, falsch.

Zweitens. Sie sind nicht in der Lage, deutlich zu machen, warum Sie eine Trennung zwischen den Ausbildungsgängen der Polizei - und ihren Abschlüssen - und denen der Steuerverwaltung organisieren. Ich lasse einmal die Bereiche Rechtspflege und Verwaltung außen vor. Bei den beiden ist offenkundig, dass Sie gar nicht den Versuch unternommen haben, die Themen Fachhochschule und Abschluss Bachelor ernsthaft als gemeinsames Projekt zu diskutieren und über gemeinsames Handeln von Innenminister und Finanzminister zusammenzuführen.

Drittens. Eigentlich finde ich es nicht gut, dass Sie von den Fraktionen der CDU und der FDP verhindert haben, dass wir dieses komplexe Thema im Haushaltsausschuss im Rahmen einer Anhörung sorgfältig vorbereiten konnten. Sie wollten und wollen mit diesem Thema durchkommen. Deshalb werde ich Sie wahrscheinlich ohne Erfolg bitten, unserem Antrag zuzustimmen. Trotzdem ist er richtig, und vielleicht schaffen Sie es noch, bei Ihrem Redebeitrag umzusteuern. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)