Zum Tagesordnungspunkt: Mehrwertsteuererhöhung - beschäftigungsfeindlich und sozial ungerecht - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/2881

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese Aktuelle Stunde hängt offensichtlich mit dem letzten Tagesordnungspunkt dieser Sitzungswoche zusammen, nämlich dem Antrag der Grünen Mehrwertsteuererhöhung noch verhindern. In diesem Antrag begründen die Grünen, wie sie sich das ohne Mehrwertsteuererhöhung vorstellen. Der Antrag zeigt ein Szenario auf, das zusammengefasst folgendermaßen lautet: Wir wollen die Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht, wir wollen Subventionsabbau, aber wir wollen mehr Subventionen, indem bei den Lohnnebenkosten ein differenziertes System - mit abgesenkten Lohnnebenkosten - eingeführt wird. Das heißt, Subventionen werden durch Subventionen ersetzt. - Herr Wenzel, das ist ein erneutes Beispiel für Ihre auf Aktualität abgestellte, aber wenig durchdachte Art der Politikpräsentation.

Herr Thiele hat gesagt, es wird nicht gelingen, einen Keil zwischen CDU und FDP zu treiben. Das liegt uns als Sozialdemokraten aber auch völlig fern. Wir finden es nämlich ganz gut, wie sich die beiden hier präsentieren. Aber eines, Herr Thiele, funktioniert nach der Rede von Herrn Rickert natürlich nicht: dass Sie so tun, als wenn Sie sich in der Frage der Mehrwertsteuersituation völlig einig wären.

In Ihrer Koalition sind zwei Welten vereint. Die Öffentlichkeit in Niedersachsen interessiert, ob Sie im Bundesrat zustimmen oder ablehnen. Ich sage Ihnen: Sie können nicht zustimmen, weil Ihnen die kleine Fraktion am Rockzipfel hängt und verhindert, dass Sie Ihre Hand heben. Mithin werden Sie das, was Sie hier eben gesagt haben, in der Praxis nicht umsetzen. Das ist ein Stück Unglaubwürdigkeit in der Debatte. Wir sind da deutlich anders.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben vor der Wahl gesagt, wir wollen die Mehrwertsteuererhöhung nicht. Aber jetzt haben wir eine Kombination aus Subventionsabbau und Mehrwertsteuererhöhung unter der Überschrift konsolidieren, investieren und reformieren. Wer genau hinguckt, der wird feststellen, dass bei der aktuellen Steuerschätzung anders als sonst schon die Mehreinnahmen aus dem Steuerpaket, das die Große Koalition durchsetzen wird, eingeplant sind. Ich freue mich ja, dass inzwischen auch auf der Landesebene akzeptiert wird, dass 8 Milliarden Euro mehr in die Haushalte kommen, dass diese 8 Milliarden Euro auf die Länderhaushalte heruntergebrochen werden und dass die Kommunen schon in eine Gesetzesgrundlage einbezogen werden, die noch gar nicht verabredet ist. Aber wer diese Steuerveränderungen nicht will, Herr Wenzel und die Grünen, der muss auch die Konsequenzen für den Landeshaushalt ziehen.

Der wird akzeptieren müssen, dass die Haushaltskonsolidierung in Niedersachsen nicht so schnell vorangeht. Das gilt auch für den Finanzminister, der gesagt hat, trotz der Mehreinnahmen, die jetzt eingehen, wird es in Niedersachsen nach wie vor einen Handlungsbedarf von 500 Millionen Euro und für den mittleren Zeitraum, der jetzt noch gilt, von insgesamt 1 Milliarde Euro geben. Daran werden wir uns abarbeiten müssen. Und was macht der, der dieses Steuerpaket nicht trägt? - Damit meine ich Herrn Rickert und die FDP. Sie werden wahrscheinlich mit einem eigenen Haushaltsantrag in die Beratungen gehen, um deutlich zu machen, dass das anders geht. Herr Rickert, wissen Sie, was Sie sind? - Sie sind ein Trittbrettfahrer. Erst reden Sie hier gegen die Mehrwertsteuererhöhung, aber dann kassieren Sie das Geld ein und geben es in Niedersachsen wie wieder aus. Das ist unehrlich, das ist unsauber argumentiert. So geht es nicht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Widerspruch von der FDP)

Ich sage Ihnen, was passieren muss - und der Finanzminister wird so oder ähnlich handeln, wenn er vernünftig ist -: Erstens muss ein Teil der Mehreinnahmen, die in Niedersachsen ankommen, sofort an die Kommunen durchgereicht werden, damit diese wieder investitionsfähig werden. Wer mit der Mehrwertsteuererhöhung nicht auch gleichzeitig dafür sorgt, dass Investitionen wieder möglich werden und Vermögensverzehr aufhört, versündigt sich an dem, was wir in Niedersachsen als Beitrag zum Arbeitsmarkt und zu Aufträgen leisten können.

Zweitens muss weiter konsolidiert werden. - Das sehen wir genauso. Drittens müssen wir die notwendigen Investitionen in die Bildung und hier insbesondere in die frühkindliche Erziehung unverzüglich in Angriff nehmen. Viertens muss ein Teil dieses Geldes mittelfristig zur Verfügung gestellt werden, um das Verhältnis zum öffentlichen Dienst wieder auf eine gesunde Grundlage zu stellen. Das, was hier in den letzten Jahren unter dieser Landesregierung passiert ist, ist Vertrauensbruch und Ausbeutung im Bereich des öffentlichen Dienstes. Das kann so nicht weitergehen. - Schönen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)