Zum Tagesordnungspunkt: Kostenfalle Verwaltungsreform? Wirtschaftlichkeits- und Effizienzprüfung vor Entscheidungsfindung setzen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/944 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/1054

Ich möchte zwei Bemerkungen machen. Zum einen möchte ich zu dem Thema Bilanz von Stellen Stellung nehmen. Herr Schünemann, Sie müssen in sich schlüssig argumentieren. Wenn Sie der damaligen Regierung vorwerfen, dass sie in zwei Stellenabbauprogrammen 12 500 Stellen in Abgang gestellt hat und dagegen knapp 10 000 Stellen aufgebaut hat, dann müssen Sie sagen, welche Stellen aufgebaut worden sind. In der Tat sind - das hat uns der Staatsmodernisierer bestätigt - von den 12 500 Stellen inzwischen tatsächlich weit über 11 000 weg, und das Geld ist in der Kasse dieser Landesregierung. Das ist die Wahrheit. Da beißt die Maus keinen Faden ab.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie gegen diese Stellen Einstellungen im Lehrerbereich rechnen, die damals in der Tat zusätzlich vorgenommen worden sind - auch mit den Grünen zusammen -,

(Reinhold Coenen [CDU]: Ohne Kostendeckung!)

dann gebietet die Logik, dass Sie in Ihrer jetzigen Programmatik zu den 6 743 Stellen, die Sie abbauen wollen, die immer wieder zitierten 2 500 Lehrerstellen und die 1 000 Polizeibeamtenstellen hinzuzählen. Denn dann müssen Sie am Ende 9 243 Stellen abbauen und nicht 6 743.

(Beifall bei der SPD)

Das ist der gerechte und richtige Vergleich, der immer wieder geklittert wird. Deshalb war mein Zwischenruf berechtigt, wenn auch die Wortwahl - das will ich ausdrücklich zugestehen - nicht ganz zutreffend war.

(Bernd Althusmann [CDU]: Kennen Sie den Begriff Fluktuation? - Zuruf von der CDU: Aber unanständig!)

Sie sind kein Bilanzfälscher, das nehme ich zurück. Aber Sie betreiben Bilanzfälscherei.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Zweiter Punkt: Wer in diesem Zusammenhang eine Verwaltungsreform hochlobt und dabei immer wieder betont, es werde eine Verwaltungsebene herausgenommen, der muss deutlich sagen, wo die künftigen Aufgaben angelagert sind. Wollen Sie die Regierungsebene, wollen Sie die Ministerien aufblähen,

(Reinhold Coenen [CDU]: Er begreift es nicht! Das haben Sie immer noch nicht verstanden!)

oder wollen Sie verstärkt auf die kommunale Ebene abwälzen?

Vizepräsidentin Silva Seeler: Herr Aller, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jüttner?

(Bernd Althusmann [CDU]: Jetzt fragen sie sich schon gegenseitig!)

Heinrich Aller (SPD): Aber ja!

Wolfgang Jüttner (SPD): Herr Aller, sind Sie mit mir der Meinung, dass das Thema so wichtig ist, dass der Ministerpräsident gut beraten wäre, anwesend zu sein und nicht eine sachfremde Veranstaltung außerhalb des Plenarsaals zu besuchen?

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU)

Heinrich Aller (SPD): Herr Kollege Jüttner, ich fände es zumindest anständig, wenn der Ministerpräsident bei einem Kernstück seiner so genannten Reformpolitik im Plenum wäre und nicht draußen in der Lobby irgendwelche Verträge unterschreibt.

Vizepräsidentin Silva Seeler: Herr Aller, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Althusmann?

Heinrich Aller (SPD): Wenn das nicht auf meine Zeit angerechnet wird, immer. Das muss ja auch sinnvoll sein.

Bernd Althusmann (CDU): Herr Aller, halten Sie es nicht für anständig, dass derjenige, der in den letzten dreizehn oder zumindest in drei Jahren seiner Regierungszeit für die Verwaltungsreform in Niedersachsen die Verantwortung getragen hat, hier im Plenarsaal wäre und vielleicht nicht bei der Friedrich-Ebert-Stiftung?

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Heinrich Aller (SPD): Der kleine Unterschied zwischen beiden Sachverhalten ist: Für die SPD-Fraktion rede jetzt ich, und das ist Qualität genug. Bei Ihnen ist das -

(Beifall bei der SPD - Lachen bei der CDU und bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: Das war deutlich, danke schön! - Unruhe)

Vizepräsidentin Silva Seeler: Meine Damen und Herren, bitte seien Sie etwas ruhiger, damit wir fortfahren können.

Heinrich Aller (SPD): Um es auf den Punkt zu bringen, Herr Schünemann: Sie machen eine Verwaltungsreform auf der horizontalen Ebene. Sie nehmen eine Verwaltungsebene heraus. Sie haben betont, die Aufgaben müssen verlagert werden. Dann müssen Sie endlich einmal Farbe bekennen, ob Sie die Regierungsebene und damit die Ebene der Ministerien stärken und damit aufblähen wollen oder ob Sie massiv kommunalisieren wollen. Wenn Sie massiv kommunalisieren wollen, dann ist diese Verwaltungsreform der direkte Weg in eine Kreisreform - da beißt die Maus keinen Faden ab -,

(Reinhold Coenen [CDU]: Herr Aller, wovon reden Sie?)

weil Sie nicht Lüchow-Dannenberg und Wittmund mit den gleichen Aufgaben betrauen können wie beispielsweise die Region Hannover. An der Stelle sind Sie unehrlich. Die Verwaltungsreform, so wie Sie sie hier produzieren, ist auch kein sauber durchdachtes Konzept.

(Beifall bei der SPD)