Zum Tagesordnungspunkt: Gemeindefinanzreform: Kommunen schnell und dauerhaft entlasten, Gewerbesteuer als Gemeindewirtschaftsteuer ausbauen! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/373 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/536 - Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 15/577

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass die Mehrheit im Ausschuss empfohlen hat, die Anträge von SPD und Grünen sowie den gemeinsamen Änderungsantrag abzulehnen, ist aus der Sicht der Kommunen und aus der Sicht von SPD und Grünen überhaupt nicht verständlich.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dies ist ein Schlag gegen die Interessen der Kommunen in Niedersachsen. Das ist aber auch eine sehr schofelige Angelegenheit,

(Zurufe von der CDU: Schofelige?)

wenn man sich vor Augen führt, was der jetzige Innenminister und damalige innenpolitische Sprecher der CDU noch wenige Tage vor der Landtagswahl, also vor wenigen Monaten, hier alles aufgezählt hat, was man machen müsse, um die Situation der niedersächsischen Kommunen zu verbessern.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das müssen Sie gerade sagen!)

Vieles von dem, was er damals gefordert hat, ist in dem Antrag von SPD und Grünen enthalten. Wenn Sie dem nicht zustimmen, geben Sie der Landesregierung einen Freibrief dafür, eine vernünftige Kompromisslösung zu boykottieren, die im Bund erreicht worden ist und die ausdrücklich die Zustimmung der kommunalen Spitzenverbände gefunden hat.

(Reinhold Coenen [CDU]: Gegen die Wand gefahren!)

Ich sage das deshalb, Herr Kollege, weil Herr Schünemann zehn Tage vor der Landtagswahl ein Vetorecht der Kommunen in Bezug auf Entscheidungen gefordert hat, die gegen die Interessen der Kommunen gerichtet sind. Hier haben die Kommunen gesagt, wohin die Reise gehen soll. Sie aber nehmen das Vetorecht in Anspruch, um die Erfüllung der Forderung der Kommunen zu verhindern. Das ist der eigentliche Skandal, was die vorliegende Beschlussempfehlung angeht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Worum geht es? Seit Einbringung des Antrages der SPD-Fraktion ist der von Bundesfinanzminister Eichel vorgelegte Gesetzentwurf aufgrund intensiver Diskussionen mit der SPD-Bundestagsfraktion, aber auch aus den Landesbereichen und den Kommunen so verändert worden, dass nunmehr ein Vorschlag zur Abstimmung steht, dessen Verwirklichung den Kommunen innerhalb kürzester Frist 3 Milliarden Euro in die Kassen bringen würde. Nimmt man die Lösung in Bezug auf die Sozialhilfe und die Arbeitslosenhilfe hinzu, dann stehen den Kommunen rund 5 Milliarden Euro ins Haus.

Sie jedoch würden durch Ihre Blockadehaltung im Bundesrat verhindern, dass dieses Geld fließt. Das muss verhindert werden. Deshalb appelliere ich insbesondere an die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker in der CDU-Fraktion, dem heute vorliegenden Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Tun Sie das nicht, dann werden Sie ertragen müssen, dass man Sie überall im Land fragt, warum sich andere CDU-Kommunalpolitikerinnen und -Kommunalpolitiker in Deutschland massiv hinter die Forderungen der kommunalen Spitzenverbände gestellt haben, insbesondere die Oberbürgermeisterin von Frankfurt, Frau Roth, die immer wieder sagt: CDU, blockiere bitte dieses Gesetz nicht. Wir brauchen dringend die Milliarden, die mit der Gemeindefinanzreform auf den Weg gebracht werden.

Die Gemeindefinanzreform entwickelt die Gewerbesteuer weiter zu einer Gemeindewirtschaftsteuer, und das ist richtig so. Die Freiberufler werden einbezogen. Das ist eine vernünftige Regelung, durch die dafür gesorgt wird, dass die Basis für die Steuererhebung verbreitert wird. Gleichzeitig aber werden die mittelständische Wirtschaft und die Freiberufler nicht übermäßig belastet, weil bis zu einem Grenzwert von 400 Punkten beim Hebesatz eine Verrechnung mit der Einkommensteuer stattfindet.

Gleichwohl - das ist das Ziel der Veranstaltung - wird das Gemeindewirtschaftsteueraufkommen bei den Kommunen verbleiben, wo es anfällt. Das ist von uns so gewollt und das ist auch richtig so. Sie selbst haben die Absenkung der Gewerbesteuerumlage damals von 30 % auf 20 % gefordert. Umgesetzt werden soll eine Absenkung von 28 auf 20 %. Diese schnelle und unkonventionelle Lösung geht auch auf die Forderung von Herrn Schünemann zurück, die hiermit umgesetzt wird. Wenn Sie gegen den Antrag stimmen, dann wird sie von Ihnen jedoch abgelehnt. Das ist widersinnig und entspricht nicht einer vernünftigen Haltung in Bezug auf die Interessenlage der Kommunen.

(Zustimmung bei der SPD)

Deshalb appelliere ich nochmals an die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker in der CDU-Fraktion: Lassen Sie sich nicht von der FDP an die Kandare nehmen, die nach meiner Einschätzung in der Kommunalpolitik nicht so verankert ist wie andere Parteien in diesem Haus.

(Beifall bei der SPD)

Sorgen Sie bitte dafür, dass hier nicht der Schwanz mit dem Hund wackelt. Helfen Sie mit, dass die Kompromisslösung auf den Weg gebracht werden kann. Wenn sich das Plenum nicht mehrheitlich darauf verständigt, der Landesregierung auf den Weg zu helfen, dann sind Sie in die taktischen Spielchen der CDU und der FDP auf der Bundesebene eingebunden. Deren Entscheidungen aber sind exakt gegen die Interessen der niedersächsischen Gemeinden gerichtet. Sie würden dann auch dagegen stimmen, dass die Schlupflöcher geschlossen werden, die dazu geführt haben, dass die Gewerbesteuer ausgehöhlt worden ist.

Sie würden dagegen stimmen, dass den Freiberuflern kein materieller Schaden entsteht, solange die Gewerbesteuer vor Ort 400 Punkte nicht überschreitet. Sie würden auch dagegen stimmen, dass die Freibeträge, die jetzt mit 25 000 Euro bzw. 35 000 Euro festgelegt werden, in vernünftiger Weise angewendet werden. Der entscheidende Punkt ist aber - das sage ich noch einmal in aller Deutlichkeit -: Die schnelle Umsetzung dieses Gesetzes, das hier von der SPD und von den Grünen unterstützt wird, sorgt dafür, dass die Gewerbesteuer, so wie es in der Verfassung verankert ist, eine Steuer bleibt, die wirtschaftsbezogen ist und durch die kommunalen Hebesätze beeinflusst werden kann.

Diese entscheidende Fragestellung macht auch deutlich, wo der eigentliche Konflikt liegt. Sie wollen die frühere Gewerbesteuer abschaffen und die Umwandlung in eine Gemeindewirtschaftsteuer verhindern, weil Sie diese rund 50 Milliarden DM bzw. 25 Milliarden Euro aus dem wirtschaftsbezogenen Kreislauf nehmen und in die Einkommensteuer überführen wollen, und zwar bei zusätzlichen Hebesatzrechten bei den Kommunen. Gerade das wollen die Kommunen aus guten Gründen nicht. Und auch wir sagen Nein zu diesem Weg, den Sie einschlagen wollen.

Deshalb noch einmal mein Appell: Sorgen Sie zusammen mit Ihren Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern dafür, dass der Antrag von SPD und Grünen in diesem Haus eine Mehrheit bekommt, damit die Landesregierung für den Bundesrat und den Vermittlungsausschuss auf den richtigen Weg geführt wird. - Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)